Sternwarten in Deutschland mit Radio- und Optischer Astronomie
Dieser Report beleuchtet Sternwarten in Deutschland, die sich sowohl mit optischer als auch mit Radioastronomie beschäftigen. Im Fokus stehen das Max-Planck-Institut für Radioastronomie (MPIfRA) und das Argelander-Institut für Astronomie (AIfA) der Universität Bonn, die durch ihre enge Zusammenarbeit und gemeinsame Forschung ein herausragendes Beispiel für die Kombination beider Disziplinen darstellen.
- Max-Planck-Institut für Radioastronomie (MPIfRA)
- Argelander-Institut für Astronomie (AIfA)
- Interaktion und Zusammenarbeit
- Quellen
Max-Planck-Institut für Radioastronomie (MPIfRA)
Das MPIfRA in Bonn ist ein weltweit führendes Institut im Bereich der Radioastronomie und zeichnet sich durch seine umfangreichen Forschungsprojekte und technologischen Entwicklungen aus.
Projekte und Art der Radioastronomie
Das Institut ist in vier Hauptabteilungen organisiert, die sich mit verschiedenen Aspekten der Radioastronomie beschäftigen:
- Fundamental Physics in Radio Astronomy: Forschung zu Pulsaren, Schwarzen Löchern und der fundamentalen Physik im Universum.
- Millimeter- und Submillimeter-Astronomie: Untersuchung von Molekülwolken, Sternentstehung und kosmischer Hintergrundstrahlung.
- Sternentstehung und Galaxienentwicklung: Projekte wie GLOSTAR (Global View of Star Formation in the Milky Way), BeSSeL Survey (mapping the spiral structure of the Milky Way), ATLASGAL, SEDIGISM zur Erforschung der Galaxienentwicklung und der Entstehung massereicher Sterne.
- Radioastronomie / VLBI: Entwicklung und Nutzung von VLBI-Netzwerken (Very Long Baseline Interferometry) wie dem European VLBI Network (EVN) und dem Global Millimeter VLBI Array (GMVA) für hochauflösende Beobachtungen.
Dauer der Projekte
Das MPIfRA wurde 1966 gegründet. Das 100-Meter-Radioteleskop in Effelsberg, ein zentrales Instrument des Instituts, wurde 1972 eingeweiht und ist seitdem ununterbrochen in Betrieb. Viele der Forschungsprojekte sind langfristig angelegt und entwickeln sich kontinuierlich weiter.
Ressourcen (Hardware und Software)
Hardware
- 100-m-Radioteleskop Effelsberg: Das größte vollbewegliche Radioteleskop Europas mit einem Durchmesser von 100 Metern, einer Oberflächengenauigkeit von 0,5 mm und einem Betriebsfrequenzbereich von 300 MHz bis 90 GHz. Es verfügt über eine Vielzahl von Empfängern.
- Beteiligung an internationalen Projekten: Das MPIfRA ist an der Entwicklung und Nutzung weiterer bedeutender Radioteleskope und -netzwerke beteiligt, darunter Meerkat+, LOFAR, APEX, GMVA und das fliegende Observatorium SOFIA (Stratospheric Observatory for Infrared Astronomy).
Software
- Bonn Distributed FX (DiFX) Korrelator: Eine zentrale Software-Lösung für die VLBI-Datenkorrelation, die auf einem Hochleistungsrechner-Cluster (HPC-Cluster) mit 60 Knoten, 480 Kernen, 4 TFlops Rechenleistung und 480 TB Speicher läuft.
- Field System (FS-10.1.0): Eine Software zur Steuerung von VLBI-Backends und Recordern.
- Tsunami-Protokoll: Für den schnellen Datentransfer im Rahmen des e-VLBI (real-time VLBI).
Historische Daten und Motivation
Die Gründung des MPIfRA im Jahr 1966 war eine direkte Antwort auf den Bedarf Westdeutschlands an einem wettbewerbsfähigen Großradioteleskop. Die Motivation bestand darin, eine führende Rolle in der aufstrebenden Radioastronomie zu spielen und die Forschung in diesem Bereich zu konsolidieren. Ein wichtiger Schritt war auch die Integration der Radioastronomie-Fakultät der Universität Bonn in das neue Institut.
Argelander-Institut für Astronomie (AIfA)
Das AIfA ist das astronomische Institut der Universität Bonn und ein wichtiger Partner des MPIfRA, insbesondere im Bereich der optischen Astronomie.
Optische Astronomie Projekte
Das AIfA beherbergt mehrere Forschungsgruppen, die sich intensiv mit optischer Astronomie und der Analyse optischer Daten beschäftigen:
- Dark Energy Team: Arbeitet an Projekten zur Dunklen Energie, unter anderem mit Daten des Euclid-Weltraumteleskops, das im Juli 2023 gestartet wurde und optische sowie nahinfrarote Daten sammelt.
- Gravitationslinsen und Kosmologie: Nutzt optische Beobachtungen, um die Verteilung von Dunkler Materie und die Entwicklung des Universums zu untersuchen.
- Großräumige Struktur des Universums: Erforschung von Galaxienverteilungen und kosmischen Filamenten.
- Stellare Astrophysik: Untersuchung von Sternen und deren Entwicklungsprozessen.
Optische Ressourcen (Hardware)
- 35-cm Planewave CDK-14 Optisches Teleskop: Auf dem Dach des Instituts befindet sich ein optisches Teleskop, das primär für Laborpraktika und studentische Ausbildung genutzt wird. Die Datenerfassung und -analyse erfolgt jedoch auf einem professionellen Niveau.
- Beteiligung an Euclid: Durch die aktive Beteiligung am Euclid-Projekt haben AIfA-Forscher Zugang zu hochmodernen optischen Daten eines Weltraumteleskops.
Historische Daten und Motivation
Das AIfA ist der Nachfolger der traditionsreichen Bonner Sternwarte, die 1844 von Friedrich Wilhelm August Argelander gegründet wurde. Ursprünglich konzentrierte sich die Sternwarte auf Positionsastronomie und visuelle Photometrie. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Hoher List Sternwarte ausgebaut und die Grundlagen für die spätere Radioastronomie in Bonn gelegt. Das AIfA selbst entstand 2006 durch die Fusion dreier Institute der Universität Bonn. Die Motivation für die Gründung und die Fortführung der Forschung liegt in der langen und erfolgreichen Tradition der Astronomieausbildung in Bonn, der Stärkung des Astronomiestudiums und der aktiven Beteiligung an großen internationalen Forschungsprojekten.
Interaktion und Zusammenarbeit
Die enge Verbindung zwischen dem MPIfRA und dem AIfA ist ein Schlüsselfaktor für die vielseitige astronomische Forschung in Bonn:
- Räumliche Nähe und gemeinsame Forschung: Beide Institute befinden sich am gleichen Campus in Bonn und verfolgen einen „Joint Research Effort“.
- Gemeinsame Ausbildung: Sie sind beide an der International Max Planck Research School (IMPRS) for Astronomy and Astrophysics beteiligt, einem Doktorandenprogramm, das junge Wissenschaftler in beiden Disziplinen ausbildet.
- Interdisziplinäre Projekte: Ein bemerkenswertes Beispiel ist der Sonderforschungsbereich (SFB) 1601 „Habitats of Massive Stars across Cosmic Time“. Dieses gemeinsame Projekt von AIfA und MPIfRA untersucht massive Sterne und deren gasförmige Umgebungen, wobei oft multi-Wellenlängen-Ansätze zum Einsatz kommen, die sowohl optische als auch Radio-Daten integrieren.
- Gemeinsame Nutzung von Lehrressourcen: Das AIfA nutzt auch Radio-Teleskope für Lehrzwecke, darunter ein 3,2-m-Radioteleskop und ein Drei-Element-Radiointerferometer auf dem Dach des Instituts sowie das 25-m-Radioteleskop Astropeiler Stockert für Praktika. Dies fördert das Verständnis für die Radioastronomie bei Studierenden der optischen Astronomie und umgekehrt.
Quellen
- MPIfRA Research Departments
- MPIfRA Telescopes and Instruments
- MPIfRA History
- MPIfRA VLBI Correlator System Development
- AIfA Research Areas
- AIfA Lab Courses (including telescopes)
- AIfA History
- AIfA Dark Energy Team Projects (including Euclid)
- SFB 1601 „Habitats of Massive Stars across Cosmic Time“
Source: https://g.co/gemini/share/7df51218e673
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