Kleinere Sternwarten und Radioastronomie
Ja, es gibt kleinere Sternwarten und Initiativen, die sich mit Radioastronomie beschäftigen, insbesondere im Bereich der Amateur- und Schulastronomie. Diese ergänzen die Arbeit großer professioneller Observatorien und tragen zur Forschung, Bildung und öffentlichen Zugänglichkeit bei. Nachfolgend finden Sie eine Zusammenfassung der Rechercheergebnisse.
- Definition „Kleinere Sternwarte“
- Beispiele in Deutschland und Europa
- Forschung und Beobachtungen
- Amateurvereinigungen und Bildungseinrichtungen
- Öffentliche Zugänglichkeit und Programme
- Geschichte der Amateur-Radioastronomie
- Quellen
Definition „Kleinere Sternwarte“
Im Kontext der Radioastronomie können „kleinere Sternwarten“ oder Anlagen durch folgende Merkmale definiert werden:
- Antennengröße: Im Gegensatz zu professionellen Teleskopen mit Durchmessern von 60 Metern bis über 100 Metern (z.B. Effelsberg mit 100m) verfügen kleinere Anlagen über Antennen von wenigen Metern (z.B. 1-3 Meter für DIY-Projekte oder „Small Radio Telescopes“ (SRT)) bis hin zu 20-25 Metern (wie die Volkssternwarte Bochum oder der Astropeiler Stockert).
- Finanzierung und Trägerschaft: Sie werden oft von gemeinnützigen Vereinen, Volkshochschulen, Bildungseinrichtungen oder privaten Initiativen betrieben, anstatt von großen staatlichen oder universitären Forschungsinstituten.
- Primärer Zweck: Der Fokus liegt oft auf Bildung, Öffentlichkeitsarbeit, studentischen Projekten, Himmelsbeobachtungen für Hobbyastronomen oder spezifischen Nischenforschungen, die keine riesigen Anlagen erfordern.
- Personal: Viele dieser Einrichtungen werden ehrenamtlich oder von einem kleinen festen Team betrieben.
Beispiele in Deutschland und Europa
In Nordrhein-Westfalen, der Region von Ascheberg, und darüber hinaus in Deutschland und Europa gibt es mehrere relevante Beispiele:
Volkssternwarte Bochum
Die Volkssternwarte Bochum (Wikipedia) ist ein hervorragendes Beispiel für eine kleinere, öffentlich zugängliche Einrichtung. Sie wurde ursprünglich als Volkssternwarte der lokalen Volkshochschule gegründet und betreibt ein 20-Meter-Radioteleskop. Sie ist an der Satellitendatenempfang, planetaren Radarstudien und Navigation von Marsmissionen beteiligt.
Astropeiler Stockert e.V.
Der Astropeiler Stockert e.V. (astropeiler.de) in Bad Münstereifel (ebenfalls Nordrhein-Westfalen) betreibt Deutschlands erstes voll steuerbares Radioteleskop mit 25 Metern Durchmesser, das 1956 in Betrieb genommen wurde. Der Verein arbeitet ehrenamtlich, führt wissenschaftliche Beobachtungen in Kooperation mit Universitäten durch und bietet Laborpraktika für Studierende und Schulklassen an. Die Anlage ist für Besucher geöffnet.
European Radio Astronomy Club (ERAC)
Der European Radio Astronomy Club (ERAC) (erac.org) mit Hauptsitz in Mannheim, Deutschland, ist eine zentrale Anlaufstelle für Amateur-Radioastronomen in Europa. ERAC fördert den Austausch zwischen Amateuren und Profis, organisiert internationale Kongresse und unterstützt den Bau von eigenen Radioteleskopen (DIY-Projekte), z.B. mit dem UEK21-Konverter zur Detektion der Wasserstofflinie.
DIY-Projekte und Schulkooperationen
Es gibt zahlreiche Anleitungen und Initiativen für den Bau einfacher Radioteleskope, oft unter Verwendung von umfunktionierten Satellitenschüsseln. Diese Projekte ermöglichen es Schülern, Studenten und Hobbyastronomen, selbst erste radioastronomische Beobachtungen durchzuführen. Beispiele hierfür finden sich unter anderem bei der Landessternwarte Heidelberg-Königstuhl (LSAAI) und dem Max-Planck-Institut für Radioastronomie (MPIfR).
Forschung und Beobachtungen
Kleinere Radioteleskope und Amateuranlagen können eine Vielzahl von Phänomenen beobachten:
- 21-cm-Wasserstofflinie: Die Emission von neutralem Wasserstoff bei 21 cm Wellenlänge (1,42 GHz) ist ein klassisches Ziel für kleinere Teleskope. Damit lassen sich die Spiralstruktur unserer Milchstraße und die Verteilung von Wasserstoffgas in der Galaxis kartieren.
- Solare Radioemissionen: Beobachtung von Radiobursts und dem allgemeinen Radioprofil der Sonne.
- Jupiter-Radioemissionen: Entdeckung von Radiostrahlung, die von Jupiters Magnetosphäre erzeugt wird.
- Satellitensignale: Empfang und Analyse von Signalen von künstlichen Erdsatelliten.
- Planetare Radarforschung: Wie von der Volkssternwarte Bochum praktiziert, kann Radar zur Untersuchung von Planeten und Asteroiden eingesetzt werden.
- Schumann-Resonanzen und atmosphärische Phänomene: Beobachtung von extrem niederfrequenten elektromagnetischen Wellen in der Erdatmosphäre.
Amateurvereinigungen und Bildungseinrichtungen
Neben dem ERAC gibt es weltweit Organisationen wie die Society of Amateur Radio Astronomers (SARA), die sich der Förderung der Amateur-Radioastronomie widmen. Bildungseinrichtungen wie die Volkshochschulen (wie im Fall Bochum) und Universitäten nutzen kleinere Radioteleskope für Lehre und Forschungsprojekte.
Öffentliche Zugänglichkeit und Programme
Viele kleinere Observatorien legen großen Wert auf Öffentlichkeitsarbeit:
- Volkssternwarte Bochum: Bietet Ausstellungen und Programme an, um astronomische und umweltbezogene Themen der breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
- Astropeiler Stockert e.V.: Das Observatorium ist für Besucher geöffnet und bietet Führungen und Workshops an.
- ERAC: Fördert den Bau von DIY-Teleskopen, was die Radioastronomie für Einzelpersonen zugänglich macht, und organisiert Kongresse, die den Austausch ermöglichen.
Geschichte der Amateur-Radioastronomie
Die Radioastronomie hat ihre Wurzeln im Amateur-Bereich. Karl Jansky entdeckte in den 1930er Jahren Radiostrahlung aus dem Zentrum der Milchstraße, doch die akademische Welt nahm dies zunächst kaum zur Kenntnis. Es war der amerikanische Radioamateur Grote Reber, der in den späten 1930er Jahren in seinem Garten ein 9-Meter-Radioteleskop baute und systematisch den Radiohimmel kartierte, wodurch die Radioastronomie als Forschungsfeld etabliert wurde. Dies markiert den Beginn der Amateur-Radioastronomie und zeigt, dass auch mit vergleichsweise einfachen Mitteln wichtige Entdeckungen gemacht werden können (Wikipedia, RadioAstroLab).
Quellen
- Volkssternwarte Bochum (Wikipedia)
- European Radio Astronomy Club (ERAC)
- Astropeiler Stockert e.V.
- Radioastronomie (Wikipedia)
- Amateur Radio Astronomy – RadioAstroLab
- Bauanleitung eines einfachen Radioteleskops für den Schulbereich (LSAAI)
- Radioastronomie für den Hobby-Astronom (MPIfR)
- NRW Cluster für Datenintensive Radioastronomie (MKW NRW)
- NRW Cluster for Data-Intensive Radio Astronomy: Big Bang to Big Data (B3D)
Source: https://g.co/gemini/share/4f4a2d4e31d4
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